Das Training am Moonboard auf einen Blick
Was ist ein Moonboard? Entwickelt wurde das Moonboard von Kletterer und Coach Ben Moon, es handelt sich bei dem Board um eine standardisiert aufgebaute Wand bestehend aus einem Überhang, 140 Griffen und einer Trittleiste. Der Überhang beträgt entweder 25 oder 40 Grad, einige Varianten lassen sich zudem flexibel justieren. Mit einer Breite von 2,44 m und einer Höhe von 3,15 m ist das Moonboard recht kompakt.
Ist das Moonboard sandbagged? Schwierigkeitsgrade sind zu einem gewissen Teil immer subjektiv. Selbst zwischen den verschiedenen aktuell kursierenden Sets (2016, 2017, 2019) variieren die Meinungen zur “Härte” der Grade. Aber das Moonboard ist relativ akkurat, sehr sicher akkurater als die aktuellen Sets in deiner Halle. 2016 gilt als eher sandbagged.
Fun Fact – Es gibt statistische Auswertungen zur Benutzung der Griffe in den standardisierten Bouldern. Die Vertikalen E und G liegen dabei ganz vorne, die Reihe 5 ist die beliebteste Griffleiste (abgesehen von der 18 mit dem Zielgriff). Die 17 wird fast gänzlich vernachlässigt…
Griff für Griff ein bisschen stärker – warum ans Moonboard?
Jede Climbing Gym bietet Boulderer:innen ganz eigene Herausforderungen, unterschiedliche Griffsets, Wandbeschaffenheiten und natürlich die Stile der Setter:innen. Und während es Spaß macht, sich von Halle zu Halle zu verbessern, fehlt es in den Sets oft am Trainingspotenzial.
So wird das aktuelle Projekt abgebaut oder der Sprung zum nächsten Schwierigkeitsgrad wirkt unüberwindbar, vor allem ohne gezieltes Training.
Das Moonboard eignet sich hier blendend für die Optimierung deiner Skills an der Wand. Denn nicht nur sind die Sets standardisiert, du arbeitest auch auf hohem Niveau mit komplexen Zügen. Deine Projekte kannst du ganz einfach von einem Moonboard zum nächsten mitnehmen und um ein Abschrauben musst du dir auch keine Gedanken machen.
Aufgrund der körperlichen Intensität ist das Moonboard zudem bestens geeignet, um Körperspannung und Kraft in realistischen Szenarien zu trainieren. Vor allem bei langen starken Zügen glänzt das Moonboard.
Trotz der begrenzten Zahl an Griffen wird es am Board auch nur selten langweilig, alleine das 2016er Set hat über 18.000 Boulder in der App parat. Mehr lassen sich bei Bedarf selbst hinzufügen.
All diese Vorteile sprechen für sich, neun ganz besondere Gründe haben wir dir aber noch einmal aufgelistet.
Die 9 wichtigsten Gründe, am Moonboard zu trainieren
1. Verbessere deine Technik mit dem Moonboard
Wenn du einen Boulder betrachtest, kannst du den Schwierigkeitsgrad in drei Faktoren unterteilen: technische Komplexität, physische Anstrengung und Risiko (wobei Risiko hier das Drop Risk bezeichnet und nicht die Verletzungsgefahr).
Alleine beim Neigungswinkel des Moonboards sollte klar sein, dass die physische Anstrengung gegeben ist. Ob die kurzen oder die – am Moonboard so beliebten – langen Züge, jede Bewegung ist hier extrem anstrengend.
Dem kannst du nur entgegen wirken, wenn du mit viel Körperspannung an der Wand bleibst. In der Halle kannst du dich vielleicht noch irgendwie durch eine V5 mogeln, mit Reichweite einen Griff skippen oder eine neue Beta finden – das Moonboard wird dich hier aber wieder einnorden.
Und weil das Set konstant bleibt, kannst du technisch komplexe Sequenzen wieder und wieder trainieren und deine Grenzen so weiter pushen.
Ohne fehlerfreie Technik wirst du am Moonboard schnell ein Plateau erreichen, aber dein Einsatz ist auch verhältnismäßig gering. Riskante Stürze erwarten dich am Moonboard nicht und selbst gewagte Züge setzen dich nur weniger Griffe zurück.
Die Vielzahl der zur Verfügung stehenden Boulder am Moonboard sorgen zudem dafür, dass du sehr fokussiert an deiner Technik arbeiten kannst.
Quick Tip: Ein Großteil der Boulder am Moonboard liegt im Grad 6B+, was auch das Training der aktiven Community widerspiegelt. Die leichtesten Boulder sind 5+ und bei 8b+ ist in der Spitze Schluss.
2. Kurze Session am Moonboard, großer Effekt
Überhang ist an jeder Wand ein echter Katalysator für Finger- und Körperkraft, Ausdauer und Technik. Das ist auch am Moonboard nicht anders. Selbst bei moderatem 25 Grad Overhang ist dein Körper enorm gefordert und Entspannung an leichten Bouldern gibt es hier nicht.
Da selbst die Laufwege zwischen den Strecken entfallen, solltest du dir unbedingt deine Pausen nehmen. Doch selbst mit Pausen, abwechselnd mit Partner:in und einem soliden Warm Up dauert eine gute Session am Moonboard nur rund 60-90 Minuten. Gerade wenn du also nur wenig Zeit hast, aber im Training bleiben möchtest, ist das Moonboard ideal.
Quick Tip: Das Moonboard für Zuhause kannst du dir selbst zusammenstellen oder im Kit kaufen. Letzteres kostet 14.700 EUR (Matte inklusive). Nicht ganz günstig, aber für leidenschaftliche Boulderer:innen mit dem nötigen Platz eine flexible Möglichkeit, tausende von Bouldern zu kaufen.
3. Das Moonboard als Haut schonende Alternative zum Training in der Halle
Achtung: Hier geht es ganz speziell um das Moonboard von 2019. Dieses setzt vor allem auf weiche Holzgriffe und verzichtet damit weitgehend auf die texturierten Holds voriger Generationen. Insbesondere im Vergleich zeigt sich die hohe Qualität des 2019 Griffsets, das die Haut auf deinen Fingern schont.
Wer viel in der Halle oder am Stein klettert/bouldert, kennt den aggressiven Schmerz an der Handinnenfläche und den Fingerkuppen genau. Es fühlt sich nie schön an, eine Session aufgrund überlasteter Haut oder gar blutender Fingerkuppen beenden zu müssen.
Das 2019 Moonboard ist aber selbst in Wochen mit hoher Auslastung eine veritable Alternative für dich und fordert dich da, wo du es brauchst – schont dich aber gleichzeitig dort, wo es dringend nötig ist.
Quick Tip: Neben einer Handpflege ist auch das gründliche Händewaschen nach der Session ratsam. Das entfernt nicht nur Keime, sondern auch überschüssige Kreide, die deine Haut sonst weiter austrocknet.
4. Am Moonboard ganz klassisch bouldern
Je nach Ausrichtung deiner Boulderhalle bist du den klassischen Stil (vor allem in den höheren Graden) vielleicht schon gar nicht mehr gewohnt. Bouldern in der Halle ist historisch ja eher ein Nachgedanke zum Bouldern am Fels gewesen und die ersten Gyms bauten die Boulder der Natur nach.
Die Halle diente hier der ganzjährigen Vorbereitung auf die Reise ins Gelände. Heute sind das Klettern am Fels und das in der Halle völlig unterschiedliche Stile und viele Hallen setzen auf wettkampfartige Dynos, fordernde Balanceakte und fortgeschrittene koordinative Fertigkeiten. Mit dem klassischen Bouldern am Fels, dem Verbeißen in engen Pockets und den oft weiten Ausschlägen in den nächsten Griff hat das nicht mehr viel gemein.
Das Moonboard hingegen ist da eine Reminiszenz an den Fels: Crimps, Körperspannung und tiefe Starts. Das erfordert etwas Eingewöhnung, macht dich aber dauerhaft besser an der Wand und hilft dir vor allem dabei, effizienter zu bouldern/klettern.
Quick Tip: Für viele Hallenboulderer:innen dürfte der tiefe Start gewöhnungsbedürftig sein. Trainierst du das aber am Moonboard, bleibt die böse Überraschung am Fels aus. Dort ist der Sitzstart eher Standard. Ein Wunder ist der sitzende Start am Moonboard übrigens nicht, denn laut Regelwerk muss mindestens ein Startgriff unter Reihe 6 liegen. Und das wird mit stehendem Start eng.
5. Das Moonboard als Vorbereitung für den nächsten Ausflug ins Gelände
In der Halle ist es nicht immer so leicht, einen gezielten Zug für den Fels einzuüben, das Moonboard aber bietet dir Optionen. Hast du eine Crux, an der du beharrlich scheiterst, kannst du ähnliche Züge am Moonboard nachbauen und über Wochen üben. Oder über Monate, wenn es sein muss.
Auch in Punkto Koordination kannst du am Moonboard deine Fertigkeiten verbessert. Die LED unter dem Griff/Tritt von oben nur schlecht einsehen zu können, gilt als eine Schwäche des Moonboards. Warum solltest du diese nicht als Herausforderung sehen? Wenn du konzentriert am Board bist, finden deine Füße die richtigen Tritte ohne Dabs wieder. Am Fels hast du auch nicht den Luxus bunter Griffsets.
Quick Tip: Boulderhallen haben die Wahl aus unterschiedlichen Griffsets. Die Holzgriffe sind zwar etwas gewöhnungsbedürftig, aber die perfekte Vorbereitungen für klamme Wetterbedingungen.
6. Das Moonboard für systematische Verbesserung
Besonders relevant für deinen Trainingsfortschritt sind die Benchmarks. Wenn du sicherstellen willst, dass du konsistent 6C+ bouldern kannst, ist das Moonboard perfekt dafür. Selbst nach Wochen oder Monaten kannst du problemlos zu einer Strecke zurückkehren und beispielsweise testen, ob rigides Fingertraining am Hangboard deine Performance an der Wand verbessert hat.
Wie stark bist du zu Beginn und wie stark am Ende einer Session? Welchen Grad kletterst du nach einer Urlaubsreise und welchen nach intensivem Training? Das Moonboard bietet dir hier leicht vergleichbare Ergebnisse und dank recht präziser Benchmarks weißt du relativ genau, woran du bist.
An jedem Set findest du mehrere hundert Benchmarks, das sichert dir Präzision in verschiedenen Stilen und Abwechslung.
Quick Tip: Dass das 2016er Moonboard auch heute noch genutzt wird, liegt wohl auch an den LEDs. Es war die erste Generation mit Leuchten unter den Griffen, obwohl das erste Moonboard von 2005 stammt.
7. Das Moonboard als flexible Trainingsmethoden, egal wo du bist
Deine Stammhalle kannst du nicht um die Welt nehmen, auch dein liebster Boulder aus dem Frankenjura muss an Ort und Stelle verbleiben. Für das Moonboard allerdings benötigst du nur dein Smartphone und die passende App. Alle Boulder für dein Set (2016, 2017 oder 2019) sowie die dazu gehörige Community hast du so stets bei dir.
Das funktioniert selbst auf Reisen, in einer neuen Halle oder mit dem nötigen Platz und Kleingeld auch in deinen heimischen vier Wänden. Damit steht dir dieses anspruchsvolle Training jederzeit zur Verfügung und du kannst dich mit Konkurrent:innen rund um den Globus messen, Standardisierung sei Dank.
Quick Tip: Eine aktive Community findest du nicht nur bei den Boulderer:innen, die in der App aktiv sind, sondern auch auf Facebook. Falls du Moonboards in deiner Nähe suchst.
8. Verbessere deine Fingerkraft mit dem Moonboard
Das Moonboard bietet – vor allem die 2019er Version – auch einfachere Boulder an, doch das durchschnittliche Niveau für Einsteiger:innen am Moonboard liegt bei etwa V4. Das siehst du bereits an den Griffen, denn die sind oftmals wirklich bissig.
Das hier ist also deine Warnung: Ohne Warm Up nicht ans Moonboard! Die Beschaffenheit der Griffe, die kleinen Leisten und die fiesen Pinches, sorgt dann auch dafür, dass du neben der eingangs erwähnten Körperspannung auch viel Fingerkraft benötigst.
Nur mit der richtigen Körperposition kommst du am Moonboard überhaupt in die richtige Spannung, um die Griffe halten zu können. Und neben statischem Halten sind es vor allem die weiten Züge, bei denen du den Schwung deines Körpers durch Fingerkraft kompensieren musst.
Während die Zahl der crimpigen Probleme in vielen Sets in der Halle begrenzt sind, liegen am Moonboard stets schmale Leisten mit unterschiedlichen Fußkombinationen vor bzw. über dir. Und so findest du auch in einer langen Session wieder neue Herausforderungen, die definitiv spannender sind als am Hangboard.
Die unterschiedlichen Sets legen zudem unterschiedliche Schwerpunkte. Die weichen 2019er Griffe erfordern etwa sauberes Bouldern auch ohne viel Reibung, 2017 forciert Kompression und Schulterkraft und 2016 ist mit der Vielzahl an Leisten die beste Wahl für mehr Fingerkraft.
Quick Tip: Wenigstens ein bis zwei Jahre Bouldererfahrung solltest du mitbringen, ehe du ans Moonboard gehst. Selbst die einfachen Routen am 2019 Moonboard sind intensiv und könnten untrainierte Finger überlasten.
9. Das Moonboard braucht nur App und Konzentration
Einer der großen Vorzüge des Boulderns in der Halle ist die Unabhängigkeit. Ohne Partner:innen zum Sichern ist Bouldern viel flexibler als etwa Vorstieg und das Moonboard potenziert diese Freiheit noch einmal.
Denn außer dem kleinen Board und deinem Smartphone brauchst du rein gar nichts. Selbst wenn du daheim Platz für ein Moonboard hast, kannst du quasi sofort loslegen. Du kannst ein Programm erstellen, um zu schauen, welche Benchmarks du knacken kannst, und dein Programm einfach mit in die nächste Halle nehmen. Selbst in Großstädten mit einer hohen Auswahl an Boulderhallen behältst du so einen standardisierten Trainingsanteil und gleichzeitig deinen Fortschritt im Auge. Und weil die Moonboard App es dir so leicht macht, mit Benchmarks und Routen kontinuierlich und über Jahre hinweg zu wachsen, hast du quasi eine:n Trainer:in in deiner Tasche.
Quick Tip: Die App für Android/iPhone ist selbstverständlich kostenlos. Du kannst auch eigene Probleme hinzufügen. Noch besser kannst du deinen Fortschritt übrigens tracken, wenn du deine Versuche filmst und siehst, wo deine Technik ins Stocken gerät. Das ist der subjektive Teil der objektiven Benchmarks.
Die Stärken und Schwächen des Moonboards – und Alternativen
Das Moonboard steht natürlich nicht für sich alleine und entstand 2005 auch nicht aus dem Nichts. Stattdessen war es eine konsequente Fortführung der Spraywalls. Diese finden sich auch heute noch in vielen Gyms und sind eine eher chaotisch Form der Boulderwand. Hier interessante Boulder zu finden und zu klettern, erfordert nicht nur das Mindset von Boulderer:innen, sondern auch von Setter:innen.
Das Moonboard hingegen bietet hier eine standardisierte Version mit klar ausformulierten Dimensionen, Griffen und deren Ausrichtungen. Das Moonboard gilt somit als System Wall oder noch präziser bezeichnet SICTB (Standardised Interactive Climbing Training Board), aber natürlich ist das Moonboard nicht das Einzige seiner Art.
Beliebt ist es vor allem aufgrund seiner kompakten Abmessungen und des Schwerpunkts auf Fingerkraft und Power. Die aktive Community verleiht dem System zudem Leben. Das 2019er Set hat gleich eine der größeren Schwächen des Moonboards ausgemerzt: weiche Holzgriffe nehmen hier die Stelle kleiner texturierter Leisten ein. Das fordert zwar noch mehr Körperbeherrschung, ist jedoch schonender für die Haut.
Unfehlbar ist aber auch das 2019 Moonboard nicht. Die kleinen Griffe treffen nicht den Geschmack aller Boulderer:innen und bergen (vor allem bei Überlastung) die Gefahr von Sehnenverletzungen. Die LED-Beleuchtung der Griffe und Tritte ist optisch ein netter Touch, jedoch von oben nur schwer einsehbar.
Hier einige nennenswerte Alternativen zum Moonboard:
- Das Tension Board – größere Griffe machen das Tension Board ideal auch für Einsteiger:innen, die Holztextur ist fingerschonend, aber die LED Beleuchtung liegt leider ebenfalls unter den Griffen/Tritten.
- Das Kilter Board – unterschiedliche Griffsets für unterschiedliche Ansprüche, ansprechende und leicht lesbare Rundumbeleuchtung der Holds, aber relativ konforme (und große) Griffe.
- Die Grasshopper Climbing Wall – Geeignet für Einsteiger:innen und Expert:innen, drei unterschiedliche Größen verfügbar, Winkel ist während (!) des Boulderns justierbar, aber weniger Routen als andere Wände.
- Das Lattice Climbing Board – ästhetisch sehr ansprechend, erlaubt strukturiertes Arbeiten an den eigenen Schwachpunkten, aber ohne professionelles Coaching nahezu undurchschaubar.
Du siehst also, das Moonboard befindet sich bei den SICTBs in guter Gesellschaft. Die geringe Größe und die große Community sind es vor allem, die dafür sorgen, dass viele Gyms und Boulderer:innen sich weiter fürs Moonboard entscheiden.
Vor allem, wenn du weißt, was dich am Moonboard erwartet, sollte diese kleine Systemwand unbedingt ihren Weg in deine Trainingsroutine finden.
Fazit – Ist das Moonboard das Richtige für alle Boulderer:innen?
Für Einsteiger:innen wirkt das Moonboard zunächst einmal abschreckend. Die Leisten und der Overhang sind bei den ersten Versuchen eine echte Hausnummer, durch die du dich erst einmal durch arbeiten musst. Hier helfen nur Technik, Fingerkraft und “Beißen!” – ganz so düster sieht es am Moonboard aber selbst für Neulinge nicht aus.
Das 2019er Set beginnt wesentlich softer und die Holzgriffe sind sowohl für hallen- wie auch für felserfahrene Boulderer:innen eine Herausforderung.
Vor allem, wenn du dich auf einem Trainingsplateau befindest, kann das systematische Trainieren am Moonboard dich aufs nächste Level befördern. Ausprobieren solltest du es in jedem Fall.