Sollte ich beim Bouldern Chalk benutzen?

Chalken ist in den meisten Fällen sinnvoll, dennoch solltest du einige Regeln beachten.

Aktualisiert am 11. September 2023
Niklas B.

Recherchiert und verfasst von

Niklas B., Boulderer

Überprüft und editiert von

Onaclimb Team

Chalk beim Bouldern benutzen
In diesem Artikel

Wichtiges im Überblick

Soll ich Chalk benutzen? Die kurze Antwort lautet ja. Aber natürlich ist die Antwort nicht ganz so einfach.

Wann sollte ich auf Chalk verzichten? Vor allem an gewissen Felsarten und wenn die Klettergebiete die Nutzung von Magnesia in jeglicher Form untersagen.

Was genau ist Chalk? Bei der Kletterkreide handelt es sich um Magnesiumcarbonat (chemisch MgCO3), dem teilweise andere Chemikalien beigefügt werden, um die Konsistenz oder den Geruch zu verändern.
Der chemische Grundstoff ist bei Chalk jedoch immer gleich, alle anderen Komponenten verändern die Beschaffenheit und Wirkung leicht. Es ist also nicht unüblich, eine favorisierte Kreide zu haben.

Chalk – was ist Kletterkeide eigentlich?

Bei Chalk handelt es sich um einen anorganischen Stoff namens Magnesiumcarbonat (MgCO3), der in seiner natürlichen Form weiß und nicht wasserlöslich ist. So wie du die Kreide in der Packung vorfindest, ist sie also auch von Natur aus beschaffen. Geblichen oder ähnlich behandelt, wird sie nicht.

Schädlich ist pures Magnesiumcarbonat nicht, es kommt auch in Heilwässern zum Einsatz, du kannst Chalk also recht unbedenklich einsetzen, ohne gesundheitliche Schäden zu fürchten. Reine Kreide ohne Zusätze kannst du theoretisch sogar verzehren.

Eine ausgetrocknete Lunge in der Halle ist eher die Folge einer erhöhten Feinstaubbelastung durch Kreidepartikel und der daraus resultierenden mechanischen Reizung. Nicht unbedingt angenehm, aber auch nicht dauerhaft schädlich.

In diesem Ratgeber findest du einen genauen Überblick über Chalk, Antworten auf die wichtigsten Fragen, sowie die Vor- und Nachteile.

Wofür brauche ich Chalk beim Bouldern?

Bouldern bzw. Klettern sind nicht die einzigen Sportarten, die Chalk einsetzen. Auch beim Turnen oder Gewichtheben kommt Kreide zum Einsatz, es handelt sich chemisch um die gleiche Kreide, die du auch in deinem Chalk Bag vorfindest. Auch der Zweck ist der Gleiche: mehr Grip und weniger Feuchtigkeit.

Pionier beim Einsatz von Kreide zum Klettern ist John Gill, einer der Großväter des Bouldersports, der Mitte der 1950er nach einer Gymnastik-Session Chalk mit an den Fels nahm.

In den 50ern und 60er etablierte Chalk sich dann sowohl beim Bouldern als auch beim Klettern.

Unser Körper gibt verschiedene Flüssigkeiten ab, dazu gehören sowohl Schweiß wie auch Fett und Talg. Vielleicht hast du an einer spannenden Route sogar selbst schon einmal gespürt, dass du feuchte Hände bekommst und nach und nach den Grip verlierst.

Um genau solche Effekte zu kompensieren und die Reibung deiner Hände zu verbessern, setzt du Chalk ein. Trocken und gut eingekreidet hat deine Hand einfach mehr Grip – das macht an Jugs keinen Unterschied, ist an Slopern oder Pinches aber umso wichtiger.

Mit Magnus Midtbø und Geek Climber geraten in diesem Video zwei Schulen des Chalkens aneinander.

Welche Chalk-Varianten gibt es?

Du findest in der Gym deines Vertrauens oder im Fachgeschäft verschiedene Chalks, die alle ihre eigenen Vor- und Nachteile haben.

Loose Chalk – lose, pulvrige Kreide

Loose Chalk
Loose Chalk – gibt es in vielen verschiedenen Varianten. Grobkörnig, sehr fein, gemischt etc.

Viele professionelle Athlet:innen setzen vor allem auf Loose Chalk. Diese Form von Chalk kannst du in großen Beuteln erstehen oder deinen Kreidebeutel in vielen Gyms auch wieder auftanken lassen.

Kaufst du in großen Mengen ein, sparst du natürlich etwas Geld.

Gut geeignet ist Loose Chalk in einem Kreidebeutel, den du mit zum Boulder nimmst oder am Gesäß trägst, um während einer Route nachzuchalken oder für reibungsintensive Strecken, an denen du wirklich trockene Hände brauchst. Du kannst hierfür tief in deinen Kreidebeutel greifen.

Feiner zu dosieren, kann jedoch etwas fummelig werden. Und wenn dein Kreidebeutel nicht sauber abschließt, ist Loose Chalk ein Unfall, der aufs Passieren wartet.

Chalk Block – ein kleiner Block

Chalk Block
Ein Chalk Block ermöglicht eine gute Chalk-Dosierung. Oft wird er aber auch zerbröselt und als “Loose Chalk” im Chalkbeutel verwendet. Viele Boulderhallen verkaufen Chalk Blocks für ein schnelles Nachfüllen des eigenen Chalkbeutels.

Handlicher ist der Chalk Block. Meist etwas größer als Handseife ist dieser Block ideal, um in deinen Händen verrieben zu werden. Du kannst auch kleinere Stücke herausbrechen und zwischen den Handflächen reiben und einpressen.

Nachteil des Kreideblocks ist seine Brüchigkeit, denn bereits mit wenig Druck zerbröselst du den Block recht schnell in seine Einzelteile. Dann hast du den Chalk Block erfolgreich in “Loose Chalk” verwandelt.

Das ist gut, wenn du mehr Pulver im Beutel haben willst, aber größere Stücke brauchen etwas Sorgfalt im Umgang. Schon der Transport im Rucksack wird oft kritisch.

Ein Chalk Block ist eine gute Ergänzung zu Loose Chalk, weil du hier kritische Stellen durch gezieltes Verreiben nachkreiden kannst.

Liquid Chalk – Flüssigkreide

Liquid Chalk
Liquid Chalk wird gerne bei längeren Bouldern verwendet. Nicht jede:r Boulderer:in freundet sich mit Liquid Chalk an, da es einen etwas anderen Grip als normales Chalk bietet und es länger dauert, bis es getrocknet ist.

Liquid Chalk ist eine gute Foundation für deine Hände und nicht nur Boulderer:innen setzen gerne auf Flüssigkreide, sondern auch Kletterer:innen an längeren Routen.

Liquid Chalk ist alkoholhaltig und trocknet deine Hände im ersten Gang aus, ehe das Magnesiumcarbonat sich sichtbar an deiner Haut zeigt. Dadurch hast du sehr lange trockene Hände und das ist vor allem bei langen Routen ideal. Nachkreiden kannst du dann auch operativ mit anderer Kreide.

Der Alkohol hat noch einen weiteren Vorteil, er desinfiziert deine Hände. Zudem entstehen durch das Verreiben keine herum irrenden Kreidepartikel in deiner Nähe.
Die stark austrocknende Wirkung ist jedoch auch ein Nachteil, denn selbst nach der Session können deine Hände so nachhaltig ausgetrocknet werden. Sorgsames Entfernen der Kreide ist hier noch einmal wichtiger als mit anderen Kreideformen.

Der Preis einer Tube oder Flasche Liquid Chalk ist zudem recht hoch, auch wenn diese (richtig dosiert) recht lange halten sollte.

Chalk Balls – Kreideball als einfacher Einstieg

Chalk Balls
Chalk Bälle werden gerne von Anfänger:innen verwendet, da sie eine gute Dosierung ermöglichen und sinnvoll erscheinen. Bei Fortgeschrittenen sieht man sie deutlich seltener, da in der Regel “Loose Chalk” präferiert wird.

Gerade Einsteiger:innen setzen oft auf Chalk Balls. In den halb durchlässigen Bällen findet sich ganz reguläre lose Kreide, durch den strumpfartigen Stoff wird bei Druck ein wenig davon freigesetzt.

Je nachdem, wie durchlässig das Material ist, geben Kreidebälle mal mehr und mal weniger Kreide ab. Chalk lässt sich mit diesen Bällen sehr gut dosieren, selbst ein kleinerer Kletterbeutel ohne sauberen Verschluss oder ein Plastikbeutel reichen für den Transport aus.

Chalk Balls sind außerdem gut zum Nachkreiden geeignet, sind jedoch in der Anschaffung recht teuer. Kleinere Mengen, zusätzliche Verpackung – all das lassen die Hersteller sich etwas kosten.

Und mit jedem Kreideball entsteht ein bisschen unnötiger Verpackungsmüll. Letzteres muss aber nicht unbedingt sein, denn Kreidebälle gibt es inzwischen auch als wiederbefüllbare Mehrzwecklösung. Dann kannst du die günstige lose Kreide deiner Wahl ganz einfach selber einfüllen und deinen Chalk Ball mit Kordel zuziehen.

Chalk in der Boulderhalle – ja oder nein?

In der Halle kannst du (bis auf wenige Ausnahmen) immer Kreide benutzen und solltest dies tatsächlich auch tun. Nicht nur deine Hände werden mit jedem schweißtreibenden Zug etwas klammer, sondern auch die Klettergriffe. Die Kunststoffe, aus denen die Hallengriffe bestehen, sind optimal, um Feuchtigkeit und Fett zu sammeln. Je nach Oberflächenbeschaffenheit können diese mit der Zeit wirklich “speckig” werden, besonders bei sommerlich feuchtwarmen Temperaturen.
Dann helfen nur noch die Bürste und kreidige Hände, um noch etwas Friction zu gewährleisten.

Zu den guten Etiketten in der Halle gehört es aber auch, nicht wie wild mit Kreide um sich zu stauben. Nicht nur die Lungen deiner Mitkletternden schonst du durch einen behutsamen Umgang mit deinem Chalk, sondern auch die Matten.

Overchalking – gibt es ein zu viel des Guten?

Zu viel gechalkt - Overchalking
Nicht nur die Hände können zu viel Chalk abbekommen, sondern auch die Umgebung….

Oft hat das Chalken nicht nur einen physischen (bzw. physikalischen), sondern auch einen mentalen Aspekt. Nach einem gescheiterten Versuch kurz durchatmen, die Holds bürsten und Kreide auftragen – natürlich fühlst du dich dann fit für einen neuen Anlauf.

Allerdings kannst du deine Hände auch überkreiden.

Magnesiumcarbonat ist dann am wirksamsten, wenn es als dünne Schicht dicht an deiner Hand anliegt und Schweiß und Fett direkt abtrocknen kann. Kreide auf Kreide ist hingegen auf mikroskopischer Ebene wie ein Teppich aus Murmeln. Statt eines engen Grips, rutschst du also erst einmal über die Kreideschichten.

Zu viel Kreide kannst du dir von den Händen pusten, die Hände ineinander schlagen oder du klopfst sie dir an den Schenkeln ab. Dann hast du im Zweifelsfall sogar noch etwas Chalk während der Strecke direkt an der Kleidung.

Beim Liquid Chalk solltest du übrigens besonders vorsichtig dosieren, denn ehe die Kreideschicht sich an deiner Haut bildet, vergeht etwas Zeit. Boulderer:innen wedeln hier gerne mit den Armen, um einen Luftzug auf die Hände kommen zu lassen und gleichzeitig die Schultern zu erwärmen.

Chalk am Felsen – ja oder nein?

Chalk beim Outdoor Bouldern
Athletin chalkt ihre Hände vor einem Outdoor-Projekt. Wenn nicht explizit verboten, ist Chalk definitiv sinnvoll.

In der freien Natur ist die Nutzung von Chalk von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Vor allem die Klettergebiete sind es, die die Kreidenutzung häufig untersagen.

“Bleau”, das Urgebiet des Boulderns, ist ein Sperrgebiet für Kreide. Das liegt an der Beschaffenheit der Boulder, denn durch die Nutzung von Kreide können sich die kleinen Felsspalten im Sandstein verkleben. In der Summe würden alle Bouldernden mit jedem Griff das Gestein ein klein wenig nachpolieren. Dann verliert der Fels seinen Charakter und alle Holds werden irgendwann spiegelglatt – entsprechend verbieten einige Bouldergebiete Kreide vollkommen und Boulderer:innen sollten dies unbedingt respektieren.

Vor einem Ausflug in ein Gebiet deiner Wahl solltest du dich also über die aktuell geltenden Regeln im Klettergebiete informieren.

Selbst in Gebieten, in denen das Chalken erlaubt ist, gelten aber einige Etikette. Kreidereste und -spuren, sowie Tickmarks sollten am Ende der Session wieder gründlich entfernt werden.

Übrigens: Auch, wenn die Nutzung von Chalk in Fontainebleau offiziell untersagt ist, hält sich in der Praxis kaum jemand an diese Regel.

Alternative Pof? Der Harz von Fontainebleau

Nun ist das Chalken in Fontainebleau zwar untersagt, doch die Franzosen haben eine Alternative: den Pof genannten Kunstharz.

Dieser hat eine ähnliche Wirkung wie Chalk, trocknet deine Hände sogar noch schneller aus. Pof wird mit einem Lappen umwickelt, so dass der Kunstharz sich wie Chalk aus einem Beutel über die Hände legt.

Was jedoch in Fontainebleau aufgrund der Felsbeschaffenheit eine Alternative sein mag, ist in anderen Klettergebieten eine Katastrophe. An Kalkstein etwa ist Pof wesentlich schädlicher als Chalk, da sich das Harz an den Griffen festsetzt und die Poren verschließt.

Naturstein oder gar Griffe in der Halle würden dadurch rasant von einer Harzschicht überzogen, welche nur schwer zu entfernen ist. Griffe müssten häufiger abgeschraubt und aufwendiger gereinigt werden.

An Outdoor-Bouldern kann der Schaden permanent sein, wenn die Felsoberfläche erst einmal von getrocknetem Harz verschlossen ist.

Pof ist also keine Alternative zu Chalk, selbst wenn der Kunstharz in Fontainebleau als solche von einigen genutzt wird.

Welches Chalk empfehlen wir?

Generell würden wir immer zu “Loose Chalk” tendieren. Das ist nicht nur am kostengünstigsten, sondern bietet auch die meisten Vorteile. Innerhalb dieser Kategorie kannst du zudem noch zwischen zahlreichen Varianten wählen, von sehr fein bis extrem grobkörnig, von Crunchy bis fast schon “butterweich”.

Mit dem Chalk von “KletterRetter” machst du nichts falsch.

Mit Blick auf die Profis – benutzen Athlet:innen wie Garnbret oder Ondra Kreide?

Competitions beginnen für die Athlet:innen vor jedem Boulder Problem mit einem festen Ritual. Erst der Blick auf die Wand, die Analyse und dann der Griff in den Kreidebeutel. Von Miho Nonaka bis hin zu Alex Waterhouse, Boulderer:innen im professionellen Kontext wissen, wie wichtig Chalk an ihren Händen ist.

Gerade an schwierigeren Routen, an denen die Griffe nicht optimal sind, kommt es auf die Reibung an. Ein stumpfer Winkel an einem Volume, ein bissiger Pinch oder ein abgeflachter Sloper – hier wollen Profis unter Wettkampfstress nichts dem Zufall überlassen.

Und auch am Felsen fordern die Bedingungen schwieriger Strecken so viel Grip wie nur menschlich möglich. Ein Blick auf die Handflächen und Handgelenke der Athlet:innen offenbart das motivierende Weiß von Magnesiumcarbonat wie hier Yannick Flohé an Ephyra:

Kurzum: Alle Profis nutzen während der Competitions und herausfordernder Boulder Kreide.

Inzwischen fast schon legendär ist Janja Garnbrets Auftritt in Villars 2019, bei dem sie ihren Kreidebeutel nicht um die Hüfte trug und ganz ohne Chalk in den Lead Climb musste. Wie schwer sich selbst die wohl beste Bouldererin und Klettererin der Welt ohne Kreide tut, zeigt dieses Video.

Einige haben das Chalken in ihrer Karriere sogar so verinnerlicht, dass sie selbst als YouTuber:innen noch wesentlich mehr Kreide benutzen als eigentlich nötig. Der Norweger Magnus Midtbø hat den tiefen, staubigen Griff in den Kreidebeutel inzwischen fast schon zu seinem Markenzeichen gemacht.

Fazit und Empfehlung – solltest du Chalk zum Bouldern benutzen?

Chalk ist das weiße Gold des Bouldersports und du findest Kreide in vielen Varianten von ganz unterschiedlichen Herstellern. Ob flüssig oder im Block, puristisch oder in stylischem Design, Chalk wird dir dabei helfen, selbst unter schwierigen Bedingungen mehr Reibung am Griff zu erzeugen und dadurch besser zu haften.

Selbst zuvor nahezu unbezwingbare Routen können durch den Einsatz von Chalk gangbar gemacht werden. Du hast also die Qual der Wahl, womit du deinen Kreidebeutel füllst.

Und du tust gut daran, mit dem Einkreiden deiner Hände zu beginnen, sobald du an Strecken auf mehr als nur Henkel triffst.

Trockene Hände, ein guter Grip und das psychologische Signal, wieder bereit zu sein, rücken dein Projekt in Schlagdistanz. Zudem bietet Kreide dir eine der für Boulderer:innen so wichtigen Ausreden, wenn es mal wieder nicht klappt. Einfach nicht genug gechalkt. Oder zu viel gechalkt. Oder zu viel Chalk am Griff…

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Niklas B.
Viel erlebt, viel gebouldert, wenig geschafft.
Lieblingsschuhe: Scarpa Dragos LV
Lieblingschalk: Tokyo Powder
Lieblingbrush: Mantle

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